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Statistische Analyse zu den Ergebnissen der Europawahl 2024 in Rheinland-Pfalz

Die Europawahl am 9. Juni 2024 ist entschieden. Noch in der Wahlnacht hat das Statistische Landesamt in Bad Ems das vorläufige Ergebnis der Europawahl in Rheinland-Pfalz in einer Statistischen Analyse untersucht. Die Auswertungen und Kommentierungen gehen unter anderem auf das Wahlergebnis der Parteien nach regionalen und sozialstrukturellen Aspekten ein. Zudem werden die Schwerpunktgebiete ausgewählter Parteien, in denen sie überdurchschnittliche Ergebnisse erzielt haben, sowie die Entwicklung der Wahlbeteiligung und des Briefwahlanteils eingehend analysiert.

Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis wurde die CDU mit 30,7 Prozent der gültigen Stimmen in Rheinland-Pfalz stärkste Kraft. Entgegen dem bundesweiten Ergebnis fällt ihr Stimmenanteil etwas geringer aus als bei der Europawahl 2019 (minus 0,6 Prozentpunkte). Auch die beiden Regierungsparteien SPD und GRÜNE müssen Verluste beim Stimmanteil hinnehmen (minus 3,8 bzw. minus 7,4 Prozentpunkte). Während die SPD mit 17,5 Prozent der gültigen Stimmen weiterhin zweitstärkste Kraft im Land bleibt, rutschen die GRÜNEN mit 9,6 Prozent auf Platz 4 ab. Die AfD wird mit 14,7 Prozent (plus 4,9 Prozentpunkte) drittstärkste Kraft. Sie erzielt damit ihr bisher bestes Europawahlergebnis im Land; die GRÜNEN ihr drittbestes nach 2019 und 2009. CDU und SPD hatten hingegen noch nie zuvor geringere Stimmenanteile bei einer Europawahl in Rheinland-Pfalz.

Von den drei Regierungsparteien kann nur die FDP ihr Ergebnis von 2019 halten. Sie legt um 0,1 Prozentpunkte zu und kommt auf 5,9 Prozent der gültigen Stimmen. Etwas kräftigere Zugewinne erzielen die FREIEN WÄHLER, die mit 5,2 Prozent der gültigen Stimmen sechststärkste Partei im Land werden (plus 2,3 Prozentpunkte). Das BSW, das erstmals bei einer überregionalen Wahl in Deutschland angetreten ist, kommt in Rheinland-Pfalz aus dem Stand auf 4,7 Prozent der gültigen Stimmen. DIE LINKE verliert auf niedrigem Niveau Stimmenanteile gegenüber 2019 und kommt auf 1,7 Prozent der gültigen Stimmen (minus 1,4 Prozentpunkte).

Trotz der leichten Stimmenverluste kann die CDU ihre Dominanz auf regionaler Ebene im Land weiter ausbauen. Sie wird in allen zwölf kreisfreien Städten und in allen 24 Landkreisen stärkste Partei. Im Jahr 2019 wurde die Dominanz der Union noch von den GRÜNEN, die in den Universitätsstädten Landau, Mainz und Trier die meisten Stimmen holten, und der SPD, die in Kusel gewann, gebrochen. In den 170 Verwaltungseinheiten der Verbandsgemeindeebene – das heißt, in den zwölf kreisfreien Städten, den 29 verbandsfreien Gemeinden und den 129 Verbandsgemeinden – wird die CDU in 169 stärkste Kraft. Nur in der Verbandsgemeinde Germersheim setzt sich die AfD als stärkste Partei durch.

Die Analyse der Schwerpunktgebiete verdeutlicht, dass die CDU vor allem im Nordwesten des Landes überdurchschnittliche Stimmenergebnisse bekommt. In der Verbandsgemeinde Adenau erzielt sie mit 47,2 Prozent der gültigen Stimmen das stärkste Ergebnis aller Parteien auf der Verbandsgemeindeebene. Sie ist dort beinahe doppelt so stark wie die SPD in ihrem stärksten Schwerpunktgebiet – der Verbandsgemeinde Loreley, in der sie 25,7 Prozent der gültigen Stimmen erreicht. Während die Schwerpunktgebiete der GRÜNEN und der Partei DIE LINKE wie schon bei vergangenen Wahlen vor allem in den kreisfreien (Universitäts-)Städten zu finden sind, erzielt die FDP in Rheinhessen und in den Landkreisen Ahrweiler und Bad Dürkheim häufig überdurchschnittliche Ergebnisse. Die FREIEN WÄHLER erzielen ihre besten Ergebnisse in der Eifel und an der Grenze zu Luxemburg; die AfD in der Pfalz und im Nordosten des Landes. Das BSW kommt in der Südwestpfalz an der Grenze zum Saarland und im Raum Kaiserslautern zu seinen stärksten Ergebnissen.

Auf der Suche nach möglichen Einflussfaktoren auf das Abstimmungsverhalten der Wählerinnen und Wähler zeigen weiterführende, sogenannte Aggregatdatenanalysen auf der Ebene der Verbandsgemeinden, dass die AfD und das BSW, die die stärksten Zugewinne bei der Europawahl 2024 in Rheinland-Pfalz verbuchen konnten, vor allem in strukturschwachen Regionen stark abgeschnitten haben. Je höher der Anteil Arbeitsloser an der Bevölkerung ist und je mehr Menschen in einem Verwaltungsgebiet auf soziale Mindestsicherungsleistungen angewiesen sind, desto besser fallen die Stimmenergebnisse der beiden Parteien aus. Umgekehrt erzielen die CDU und die FDP in diesem Gebieten jeweils schwächere Stimmenergebnisse. Sozioökonomische Aspekte dürften bei der Wahlentscheidung der Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer somit eine wichtige Rolle gespielt haben.

Mit Blick auf die Altersstruktur fällt auf, dass sich der negative statistische Zusammenhang zwischen dem Anteil jüngerer Personen in einer Verwaltungseinheit und den Stimmenergebnissen der CDU und der FDP weiter verstärkt hat. Umgekehrt erzielen die beiden Parteien dort bessere Ergebnisse, in denen viele Ältere leben. Auffällig ist, dass sich der positive statistische Zusammenhang zwischen dem Stimmenergebnis der GRÜNEN und dem Bevölkerungsanteil der 30- bis 44-Jährigen sowie der unter 15-Jährigen gegenüber den vergangenen drei überregionalen Wahlen in Rheinland-Pfalz erkennbar abgeschwächt hat. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass wahlberechtigte Familienmitglieder ihre Stimme seltener an die GRÜNEN gegeben haben könnten. Positive statistische Zusammenhänge ergeben sich zwischen einem hohen Bevölkerungsanteil Jüngerer im Alter von 15 bis 19 Jahren und den Stimmenanteilen der AfD und des BSW.

Mit Blick auf die Wahlbeteiligung gilt, dass die AfD, die Partei DIE LINKE und das BSW desto geringere Stimmenergebnisse in den 170 Verwaltungseinheiten des Landes erzielten, je höher die Wahlbeteiligung ausfiel. Insgesamt gaben bei der Europawahl 2024 knapp 2,06 Millionen Wahlberechtigte in Rheinland-Pfalz ihre Stimme ab. Das waren rund 63 500 mehr als vor fünf Jahren. Erstmals durften bei einer Europawahl auch die 16- und 17-Jährigen ihre Stimme abgeben. Die Wahlbeteiligung lag bei 66,7 Prozent und damit um 1,9 Prozentpunkte höher als bei der letzten Europawahl vor fünf Jahren.

Die Möglichkeit zur Briefwahl nutzten bei der zehnten Wahl der Abgeordneten zum Europäischen Parlament in Rheinland-Pfalz 1,09 Millionen Wählerinnen und Wähler. Das entspricht einem Anteil von 53,1 Prozent. Nie zuvor gaben mehr Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer ihre Stimme bei einer Europawahl per Brief ab. Höher fiel der Briefwahlanteil bei überregionalen Wahlen in Rheinland-Pfalz nur bei der Landtagswahl 2021 und der Bundestagswahl 2021 aus, die beide noch im Zeichen der Coronapandemie standen.

Die Statistische Analyse zu dem vorläufigen Endergebnis der Europawahl in Rheinland-Pfalz, die das Statistische Landesamt bereits zum fünften Mal noch in einer Wahlnacht erstellte, steht hier als kostenfreier Download zur Verfügung.

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